Severin Groebners Newsletter
Neuer Glossenhauer
Der neue Glossenhauer

Halloween global

30. Oktober 2023

Halloween steht vor der Türe. Und die ganze Welt macht mit. Denn zum Gruseln gibt es wirklich jede Menge Gelegenheit. 

Und zwar gleich auf zweierlei Arten: Anläßlich der Nachrichtenlage, die Schrecken, Zerstörung, Gewaltexzesse, Kriegsgräuel, Leid und Umweltkatastrophen bereit hält. Und - falls man sich wider Erwarten erholen sollte - auch noch die ein oder andere Wortmeldung von Sebastian Kurz oder Sarah Wagenknecht.

Und wem das nicht reicht, der kriegt noch ein „Ski-Zirkus“ genanntes massenkompatibles Umweltzerstörungsevent live vom Rest-Gletscher übertragen. Das muß so sein. Auch wenn US-amerikanische Schiläuferin Mikaela Shiffrin fordert, den „Sport der Natur anzupassen“ und nicht andersherum, da muss man doch ehrlich sagen: Den Sport der Natur anpassen? Hahahaha.
Das war vielleicht mal in den 50er Jahren so. Das kann die Ami-Tante zuhause in den Rocky Mountains machen und mit den letzten Grizzlys um die Wette durch den letzten Schnee rennen, aber im heiligen Land Tirol, da wird gebaut, gebaggert und planiert. Und weil der Gletscher in Sölden im Prinzip eh nicht mehr zu retten ist, kommt man jetzt in 3000 Meter Seehöhe (wo es bekanntlich keine Sünde gibt) auf die einzig vernünftige Lösung.
Nein, nicht ein anderes Wirtschaftskonzept entwickeln.
Auch nicht die restlichen natürlichen Ressourcen schützen. Aber warum denn? Die Industrieanlagen im Hochgebirge werden noch Generationen begeistern! Generationen von zukünftigen Archäologen auf jeden Fall.

Und deshalb ist die einzig vernünftige Lösung bei einem anstehenden Weltcup-Auftakt und einem schwindenden Gletscher…. Na? Genau: Den Nachbargletscher auch gleich ruinieren! Es ist sooo einfach und logisch. Wer das nicht versteht, ist kein Tiroler.

Und wer kein Tiroler ist, ist…
…vielleicht Grönländer.

Die können nämlich ihren Gletschern auch beim Schmelzen zusehen. Noch schneller als in Tirol. Obwohl die gar keinen Ski-Tourismus haben. Aber die reagieren. Denn wenn heute Nacht die ganze Welt die Uhren von Sommerzeit auf Winterzeit umstellt, dann macht Grönland nicht mit. Und bleibt bei der Sommerzeit. Ob das eine Reaktion auf die klimatische Situation ist, weiß man nicht. Es passt auf jeden Fall.

Womit wir bei der zweiten Gelegenheit zum Gruseln sind: Die Reaktion.
Die Reaktion der Mitmenschen auf die Nachrichtenlage. Seit Corona wissen wir ja, dass man Medizin und Virologie auf YouTube studieren kann. Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine und den Massakern von Butscha und Irpin ist uns klar, dass Menschenrechte und wahre Demokratie am Besten auf Facebook, Telegram und anderen Wahrheitsschleudermaschinen von digitalen Trollen und Influenzern aus der Werkstatt einer chauvinistischen Diktatur vertreten werden. Und jetzt, seit den Massakern von religiösen Fanatikern an Zivilisten und den militärischen Reaktionen darauf auf Kosten anderer Zivilisten weiß man, daß der Nahost-Konflikt am besten von Menschen verstanden und gelöst werden kann, die mindestens zwei- bis dreitausend Kilometer davon entfernt wohnen.
Denn die kennen sich wirklich aus.

Alle. Wenn sie dazu noch einen Abschluss der Hochschule für Instagram und ein Postgraduate-Studium auf TikTok vorweisen können, oder jemanden kennen, dessen Geschwister verschwägert ist mit jemanden, der ein Foto besitzt auf dem ein Mensch zu sehen ist, der einen Geschichtsatlas hat, dann bekommen sie das Insert „Nahost-Experte“ als goldene Bauchbinde verliehen.
Und dann darf er, sie oder es auch seine Meinung kund tun. Und in zwar in jeder Lautstärke.
Denn es gilt die alte Faustregel: Wer herumbrüllt, hat meistens recht. Ist so.
Zumindest bei Primaten. Oder Pavianen. Oder Hunden. Oder Einzellern mit Lautsprechern. Oder ausgehöhlten Kürbisköpfen.

Schließlich ist Halloween.